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Der Generationenwechsel in Familienunternehmen, d.h. die Eigentumsübergabe und der Führungswechsel an die nächste Generation wird in der Literatur zurecht als «neuralgischer Punkt» bezeichnet. Es ist eine Phase, die entscheidend für den (erfolgreichen) Fortbestand des Unternehmens sein kann. Gerade durch die Verbindung einer Familie mit einem Unternehmen werden hier zwei Lebensbereiche vermischt, die unterschiedlichen Logiken sowie Erwartungen folgen und während der Nachfolge die Wahrscheinlichkeit von Konflikten erhöhen. So ist bspw. eine Unternehmerin nicht nur Chefin, sondern auch Mutter und ein Nachfolger ist nicht nur Nachfolger, sondern ebenso Sohn, Bruder oder Junior Chef. Ein Stolperstein, der während der Nachfolge von den Beteiligten daher oft unterschätzt wird, der sich aber unweigerlich aus der Verbindung zwischen Familie und Unternehmen ergibt, ist die Rollenvermischung. Was das genau ist und wie damit umgegangen werden kann, wird in dem nachfolgenden Beitrag erläutert.

Wir alle «spielen Theater»

Für ein erstes Verständnis, was eine Rolle überhaupt ist, kann das Bildnis eines Schauspielers herangezogen werden. Dieser setzt sich unterschiedliche Masken auf, je nachdem in welchem Stück er gerade spielt. Diese Maske ist seine Rolle und an diese Rolle sind spezifische Verhaltensweisen und Erwartungen geknüpft. In der Rolle als Romeo wird er sich nicht wie Rambo verhalten und die Zuschauer würden dies auch nicht erwarten.

Auch wir Menschen sind Träger unterschiedlicher Rollen. Im Gegensatz zu einem Schauspieler spielen wir diese Rollen jedoch nicht. Diese sind Teil unserer Identität und beeinflussen unsere Verhaltensweisen und Erwartungen oft unterbewusst. Abhängig davon in welchem Kontext wir uns gerade bewegen, werden an uns andere Rollenerwartungen gestellt bzw. erwarten wir auch von unserem Gegenüber entsprechende Verhaltensweisen. Dabei können sich die an uns gestellten Erwartungen auch widersprechen, was zu innerlichen und äußerlichen Konflikten führen kann. In unserer Gesellschaft wird dies aber umgangen, indem die unterschiedlichen Lebensbereiche überwiegend getrennt sind, wie bspw. der Arbeits- und Privatbereich.

In Familienunternehmen bzw. Unternehmerfamilien existiert allerdings überwiegend keine Trennung der familiären und unternehmerischen Lebenswelt. Diese Besonderheit hat zwei Konsequenzen:

  • Einerseits ist es für die Mitglieder nicht immer klar, aus welcher Rolle heraus das Gegenüber gerade spricht und welche Erwartungen und Verhaltensweisen gefordert werden. Die Kommunikation findet hier unter einer gewissen Unsicherheit statt. Eine Antwort aus der falschen Rolle heraus kann die Kommunikation schnell emotional werden lassen, wodurch Konflikte entstehen können.
  • Andererseits sind die Nachkommen bzw. NachfolgerInnen gleichzeitig sich teilweise widersprechenden Erwartungen ausgesetzt, die diese während der Nachfolge erfüllen müssen. Neben den unternehmerischen Erwartungen müssen NachfolgerInnen auch die familiären Erwartungen berücksichtigen. Die Schwierigkeit ist dabei, dass diese sich den verschiedenen Erwartungen häufig nicht bewusst sind. Sie spüren aber eine gewisse Unvereinbarkeit, was diese unter Stress und psychischer Belastung setzen kann.

Implikationen für die Nachfolge

Zunächst einmal ist es wichtig, dass sich die Mitglieder einer Unternehmerfamilie bewusst über die Vermischung der familiären und unternehmerischen Sphäre werden. Das mag auf den ersten Blick offensichtlich sein, aber häufig sind sich die Mitglieder nicht über die Konsequenzen bewusst, die die Rollenvermischung auslösen können.

  • Ebene der Kommunikation: In Unternehmerfamilien prallen unweigerlich zwei Kommunikationsstile aufeinander: Die emotionsgesteuerte Kommunikation der Familie und die sich an rationalen Kriterien orientierte Unternehmenskommunikation. Die fehlende Trennung kann schnell konfliktbeladenen Situationen hervorrufen und sich negativ auf die Nachfolge auswirken bzw. diese hemmen. Um hier einen Puffer einzubauen, sollten die Mitglieder Kommunikationsräume entweder für familiäre oder unternehmerische Belange etablieren. Die in anderen Bereichen der Gesellschaft vorherrschende natürliche Trennung zwischen den Lebensbereichen muss hier «künstlich» erzeugt werden. Die bewusste Rahmensetzung verschafft Rollenklarheit und reduziert die Unsicherheiten während der Kommunikation. Ziel ist es, die u.U. emotionsgesteuerte familiäre Kommunikation im Kontext des Unternehmens in andere Bahnen zu lenken.
  • Ebene der NachfolgerInnen: NachfolgerInnen sind durch die fehlende Trennung der Lebensbereiche gleichzeitig unterschiedlichen sich teilweise widersprechenden Rollenerwartungen ausgesetzt, die diese erfüllen müssen: Sie sind gleichzeitig Tochter/Sohn, Schwester/Bruder, NachfolgerIn, Junior ChefIn. Um diese Erwartungen zu managen ist zunächst eine bewusste Auseinandersetzung essenziell. Das heißt NachfolgerInnen sollten sich bewusst darüber werden, welche Erwartungen aus welchem Lebensbereich an sie gestellt werden. Dies schafft Klarheit für Nachfolger, welche Fülle an Erwartungen an sie überhaupt adressiert werden, wo Widersprüche auftreten und hilft ihnen im Umgang damit, indem sie die an sie gestellten Erwartungen annehmen, ablehnen oder für sich passend reformulieren können. 

Zusammenfassend sollte beachtet werden: Durch die Verbindung der zwei Lebensbereiche kann die während der Nachfolge notwendige Sachebene durch die emotionsgesteuerte familiäre Kommunikation und die dort vorherrschenden Erwartungen durchbrochen werden. Dies kann die Nachfolge nicht nur verkomplizieren, sondern auch gefährden. Daher sollten sich die Mitglieder von Unternehmerfamilien über ihre unterschiedlichen Rollen bewusstwerden, um diese dann innerhalb bewusst gewählter Rahmen zu «spielen». Rollenklarheit unterstützt aber nicht nur die Kommunikation, sondern auch die NachfolgerInnen bei der Klärung, welche Erwartungen an diese gestellt werden und wie diese damit umgehen können.

Für die bewusste Gestaltung der Nachfolge dienen die nachfolgenden Praxistipps:

  • Werden Sie sich bewusst, dass jedes Familienmitglied unterschiedliche Rollen in sich vereint, an die unterschiedliche Erwartungen geknüpft sind.
  • Sprechen Sie offen an, aus welcher Rolle heraus Sie gerade sprechen oder eine Antwort erwarten. Fragen Sie aktiv nach, aus welcher Rolle Ihr Gegenüber eine Antwort erwartet.
  • Etablieren Sie Kommunikationsräume:
    • Das heißt einen Rahmen, in dem Sie als Familie entweder über ihre familiären oder unternehmerischen Belange reden können, ohne dass die aufkochenden Emotionen jedes Gespräch zu Nichte machen.
    • Sprudeln die Emotionen hoch, versuchen Sie das Gespräch wieder auf die sachliche Ebene zu richten. Hier kann die Benennung eines Moderators sinnvoll sein.
  • NachfolgerInnen sollten für sich Klarheit schaffen,
    • welche Bedürfnisse Sie als NachfolgerIn, Junior ChefIn oder als Tochter/Sohn haben.
    • welche Erwartungen an Sie als NachfolgerIn, Junior ChefIn oder als Tochter/Sohn gestellt werden und beantworten Sie für sich, welche Erwartungen Sie annehmen, ablehnen oder für sich reformulieren möchten.

Abschließend sei betont, dass innere und äußere Konflikte während der Nachfolge unweigerlich auftreten und vor allem auch auftreten dürfen! Es macht aber einen Unterschied zu wissen, auf welchem Spielfeld diese ausgetragen werden (sollten).

Herzlichen Dank an den Auto für den Gastbeitrag!